Abschaffung BBG Mai Thi

Note
This article was last updated on 2023-03-20, the content may be out of date.

Mich wundert immer, dass beim Thema “Abschaffung der Beitragsbemessungsgrenze”, womit effektiv eigentlich immer “Aufhebung des Äquivalenzprinzips” gemeint ist, nicht gemerkt wird, dass das nichts anderes ist als eine massive, direkte Steuererhöhung um 20 Prozentpunkte an der BBG. Also effektiv 40% weniger Netto für jeden Euro über der BBG.

Im ersten Drittel merkt Mai sehr schnell, dass 60% Rentenzuschüsse aus dem Bundeshaushalt nicht nachhaltig wären, aber dann will sie das Problem lösen, indem sie mehr Steuern erhebt, ohne zu merken, dass das gehopst wie gesprungen ist. Beides ist eine Steuererhöhung in einem Land, das bereits eine der höchsten Steuerlasten erhebt. Und zwar für Singles - Familien werden in diesem Land bereits mehr gefördert als in den meisten Ländern der Welt.

Aber bei einer Bezuschussung aus dem Bundeshaushalt trägt die Einkommensteuer - hier übrigens auch noch progressiv und nicht flat - nur einen Teil bei, ebenso kommen z.B. Unternehmensbesteuerung oder auch Erbschaftsteuer hinzu. Hingegen würde eine Abschaffung des Äquivalenzprinzips nur Einkommen mit einer fixen Rate besteuern und keine Unternehmen oder Vermögen.

Ich kann einfach absolut nicht nachvollziehen, wieso sich ausgerechnet linke Kreise immer so auf die BBG stürzen, ohne zu merken, dass sie damit effektiv genau die schröpfen wollen, die in diesem Land eh schon die größte Last tragen. Und weshalb man nicht merkt, dass das alles auch nur Steuererhöhungen durch die Hintertür sind, aber eben ineffizienter und unfairer. Wenn man die großen drei Stellschrauben nicht anfassen will, bleibt einem nichts anderes übrig als mehr Steuern, aber dann soll man es auch so nennen und verfassungskonforme, nachhaltige Wege finden, Vermögen zu besteuern, sprich Grundsteuer, Erbschaftsteuer und Unternehmensbesteuerung.

Ansonsten sagt goodbye zu euren Fachkräften. Niemand, der international gefragt ist, wird hier 70% Steuern zahlen, um eure Renten gegenzufinanzieren.


In Zeiten, in denen Schulplätze und Kita-Plätze in Massen fehlen davon zu sprechen, wie gut Familien in diesem Land gefördert werden ist zumindest gewagt. Meine Frau und ich würden bei zwei Gehältern die in diesem Forum höchstens unterdurchschnittlich sind übrigens an die 800€ monatlich für einen Kita-Platz bezahlen, wenn wir denn das Glück hätten einen zu bekommen, davon sind aber höchstens 4000€ pro Jahr steuerlich absetzbar. Wer zahlt denn eigentlich die zukünftigen Renten?

Es behauptet niemand, die Lage für Familien sei perfekt, aber finanziell ist der Unterschied in Deutschland ganz massiv, gerade bei denen die tatsächlich Steuern zahlen und das System tragen. Ich wollte aber auch gar nicht gegen Familien wettern, das war nur eine Reaktion auf die letzten Minuten im Originalvideo in denen so getan wurde, als gäbe es keine Privilegien für Familien.

Singles sind z.B. in den USA relativ massiv besser gestellt, während Familien in Deutschland unterm Strich besser stehen als dort.

Es ist ja nicht nur Ehegattensplitting, sondern auch Kindergeld, bonus Rentenpunkte und viele weitere Benefits.

Der Channel hat einen schönen, detaillierten 1:1 Vergleich gemacht und klar kann man über viele Annahmen streiten, aber das Ergebnis ist schon extrem (gibt eine gute Zusammenfassung am Schluss):

Im zweiten Video haben sie das dann auch noch Cost of Living adjustiert und es wird noch einmal deutlicher:

Und ja, die gleiche Familie hat ein paar Videos vorher ebenso entsetzt festgestellt, dass sie keine Ganztagsbetreuung für ihre Kinder bekommen, obwohl ihre Kita das eigentlich anbietet, aber ihnen wurde abgesagt weil sie die einzigen wären.

Bin auch voll bei dir was delegiertes Wahlrecht für Kinder angeht (und von mir aus auch ein gewichtetes oder ein Maximalalter, falls es ein Minimalalter geben soll, auch wenn ich die ethischen Probleme damit verstehe).

Umgekehrt finde ich es schwierig, wenn andere, bzw. die Gesellschaft für ein selbstgewähltes Schicksal aufkommen sollen. Kinder sind ja eine Wahl und nicht nur ein Klotz, also kann man das auch nicht nur negativ aufrechnen. Wenn einem drei Jahre Berufserfahrung fehlen, wäre es genauso ungerecht dafür den gleichen Lohn wie bei besser qualifizierten Mittbewerbern zu zahlen.

Es ist sicher eine Gratwanderung nötig und vieles sind auch gerade Änderungen an Bürokratie, Prozessen und Mindset. Aber man darf eben genauso wenig vergessen, dass es einen globalen, internationalen Wettbewerb für hochbezahlte, qualifizierte Fachkräfte gibt. Mit Post Covid Remote work mehr denn je.

Ich zahle echt viele Steuern und ich tu das sogar gern und habe nichts gegen Solidarität, aber mehr als 50% dessen was ich meinen Arbeitgeber koste ist meine Schmerzgrenze und an der kratzen wir bereits oder überschreiten sie sogar leicht. Das ist eine absolute, moralische Grenze für mich, ab der ich mich von der Gesellschaft nicht mehr gerecht behandelt fühle und das sollte das harte Limit bleiben innerhalb dessen der Staat eben haushalten und Lösungen finden muss. Ansonsten gibt es genug Staaten, die mich als Steuerzahler mehr wertschätzen.


Eine Grenze macht niemals Sinn. Es ist das Solidarprinzip.

Eine Grenze ergibt grundsätzlich sehr wohl Sinn. In Deutschland wird Umverteilung über (progressive) Steuern implementiert und nicht in jeder Abgabe und Versicherungsleistung.

Das passiert genau, damit sämtliche Steuereinnahmen zur Umverteilung herangezogen werden können und eben nicht nur die Einkommensteuer bzw. die Versicherungszahlungen der einzelnen Bürger.

Für die Versicherungen selbst gilt das Äquivalenzprinzip, sprich individuelle Leistungen sollen im Mittel den Beiträgen entsprechen.

Es ergibt strukturell und verfassungstechnisch einfach überhaupt keinen Sinn, da eine Umverteilung hineinzuziehen. Stattdessen sollte das aus Steuermitteln kommen. Das ist fairer und genau so ist unser Rechtskonstrukt auch vorgesehen.

Darüber hinaus existiert die Steuerkurve auch nicht im Vakuum, sondern ist an die BBG angepasst, so dass die Gesamtabgabenlast vom AG-Brutto immer bei ca. 50% befindet. Es ist schlussendlich egal welchen Mechanismus man verwendet, aber man kann den einen nicht einfach losgelöst vom anderen betrachten und es ist insgesamt sauberer, das über Steuern zu lösen.


Naja.. entweder sind die Töpfe getrennt oder eben nicht.

Die Töpfe sind so oder so nicht sauber getrennt, weil der Großteil der Zuschüsse in versicherungsfremde Leistungen geht, was ohnehin bereits sozialstaatliche Maßnahmen und keine Versicherungsleistungen sind.

Das Konzept der Rente an sich - ohne versicherungsfremde Leistungen - ist ein Nullsummensystem. Das ist reine Mathematik das auf die Lebenserwartung zu extrapolieren. Die Abstraktion über die Lebenszeit und entsprechende Anpassungen erfolgen bereits über die Rentenpunkte.

Das Problem an der Mathematik ist: Wenn du nicht bereit bist a) Beiträge, b) Auszahlung oder c) Renteneintrittsalter anzupassen, dann geht die Rechnung schlichtweg nicht mehr auf. An dem Punkt landest du automatisch bei Umverteilung. Das ist dann aber kein geschlossenes System mehr.

Umverteilung unterliegt in Deutschland by Design und verfassungsrechtlich bestätigt - im Gegensatz zu einer Versicherungsleistung - nicht dem Äquivalenzprinzip und wird aus Steuermitteln (also nicht zweckgebunden und aus sämtlichen Einkünften beglichen) bestritten.

Es ergibt einfach keinen Sinn eine verfassungsfeindliche Umverteilungskomponente in ein geschlossenes System einzubauen, die nur vom unselbstständig beschäftigten Teil der Bevölkerung bezahlt werden soll, wenn es sich dabei effektiv so oder so um eine sozialstaatliche Maßnahme handelt.

Im Gegenzug zu “alle sollten in die gesetzliche Rente einzahlen”, was effektiv dem aktuellen Rentner aufgrund der höheren Lebenserwartung von Selbstständigen und Beamten sogar weh tun würde, zieht man so alle - auch Besserverdiener - heran und darüber hinaus eben auch Unternehmen und vor allem Vermögen.


Jo, nur ist es auch heute schon nicht mehr geschlossen. Wird ja querfinanziert.

Daher hab ich auch keine Bauchschmerzen mit dem angeblichen verfassungsrechtlichen Punkt. Kürzen wir die Renten um 25% bis es ein geschlossenes System ist, dann ist man sicherlich anders eingestellt, was das schützenswerte ist.

Noch einmal: Über 90% der aktuellen Zuschüsse sind versicherungsfremde Leistungen. Dafür hat nie jemand irgendetwas eingezahlt und dafür müsste man auch nichts kürzen.

Beispielsweise Witwenrente, Frührente, Erwerbsminderungsrente, Kriegsfolgelasten, Anrechnungszeiten (z.B. für Kinder, aber auch Ausbildungszeiten), Wiedervereinigungslasten oder auch die Grundrente. Das ist Sozialstaat, nicht Versicherungsleistung und daher auch heute - korrekterweise - steuerlich bezuschusst.

Das Kernproblem ist die “doppelte Haltelinie”, bei gleichzeitiger Beibehaltung des Renteneintrittsalters, was ein systemischer Widerspruch ist. Die Alternative ist mehr Altersarmut, sprich mehr Grundsicherung, was also wieder Sozialstaat, sprich Steuermittel bedeutet.

Verstehe nicht, wieso du darauf bestehst, dass für Umverteilung nur Rentenbeitragszahler herangezogen werden sollen und nicht alle und insbesondere Vermögen - Bist du zufällig Beamter oder erbst reich? :D


Aber genau das meinte ich doch. Aber da heißt es dann, es ist keine zweckgebundene Leistung mehr. Sprich für eine Versicherung wie die Rente MUSS in Deutschland eine Verhältnis von Einzahlung zu Auszahlung bestehen.

Ich denke das ist relativ klar und deutlich möglich - die Versicherungsseite der Rente, also das was mit Rentenbeiträgen finanziert wird, für die es Rentenpunkte gibt und umgekehrt dann diese Rentenpunkte kompensiert werden, kann ja problemlos so weiter existieren.

Parallel gibt es dann versicherungsfremde Leistungen aus Steuermitteln, für die eigentlich auch gar nicht die Versicherungszahlungen genutzt werden dürfen. Das ist heute schon nicht ganz sauber getrennt und daran gibt es durchaus Kritik, aber ~90% der Zuschüsse sind zur Zeit versicherungsfremde Leistungen.

Das Problem ist eigentlich nur die “Doppelte Haltelinie” gepaart mit keiner Erhöhung des Eintrittsalters. Die Haltelinie gilt aber erst einmal nur bis 2025.

Bin kein Jurist, aber AFAIK ist jetzt bereits gesetzlich geregelt, dass die Haltelinie von 48% aus Steuermitteln bezuschusst wird. Das heißt, wenn rechnerisch die Haltelinie eigentlich auf beispielsweise 40% fällt, dann bezuschusst der Bund die Rente mit einem Grundsockel von 8% für alle, was effektiv eine versicherungsfremde Leistung ist und damit korrekterweise aus Steuermitteln gezahlt wird.

https://www.deutsche-rentenversicherung.de/DRV/DE/Rente/Allgemeine-Informationen/Wissenswertes-zur-Rente/FAQs/Gesetzesaenderungen/Leistungsverbesserungs_und_Stabilisierungsgesetz/Haltelinien_Rentenniveau.html#b81d802a-9836-40fe-9695-cc66c9429328