Hebeln für die Altersvorsorge

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This article was last updated on 2021-04-03, the content may be out of date.

Habe das Thema seit einigen Monaten immer wieder angebracht und diskutiert. Ich finde das als rationaler, aufgeklärter Buy&Hold Investor absolut sinnvoll und richtig.

Allerdings habe ich nur wenig Lust jedes Mal wieder bei 0 anzufangen zu diskutieren, daher sollte imho jeder erst einmal diesen Thread lesen und dann kann man konkret weiter diskutieren.

Wertpapierkredite haben meines Erachtens leider ein unplanbares Margin Call Risiko (Beleihungsquote von Welt-ETFs wurde beispielsweise im März 2020 bei Degiro einfach mal von 70% auf 0 gesetzt womit man instantan voll nachschusspflichtig ist) und sind zu teuer, außer man geht zu Brokern von denen allgemein extremst abzuraten ist. Gegen Degiro spricht eine Menge und ich halte es für absolut töricht dort zu investieren.

Daher:

  1. Leveraged ETFs (vor allem Amundi Lev MSCI USA)
  2. Privatkredit
  3. KFZ-Kredit/Immobilienkredit möglichst gering tilgen
  4. Ratenkredit (gibt momentan breit verfügbar 2-3%)

Persönlich würde ich 1.-3. immer machen und 4. nur bei geringerer Marktbewertung bzw. mit einem kleinen Teil des Portfolios.


Danke für die Infos, sehr spannend! Hat sich die Sache mit Degiro durch die Übernahme durch Flatex, als “vollwertige” Bank, in den letzten 5 Jahren irgend einer Weise verbessert? Ich hätte nicht gedacht dass Leute da 20k+ im GMF liegen lassen, das klingt nach einem vermeidbaren Risiko.

Das war aufgrund der damals hohen Volatilität, bei der die Risikobewertungsalgorithmen versagten und “keine Aussage möglich” gleich Null gesehen wurde - genau der Grund weshalb auch die Riesteranbieter wie Fairr an dem Punkt desaströs gehandelt und alles verkauft haben.

Meines Wissens hat sich das dann wieder eingependelt, bevor ernsthafter Schaden entstanden ist, aber das hat mich schon deutlich anders über das Thema Margin Call Risiko denken lassen. Wenn, dann dürfte man das nur in einer Höhe machen, die man jederzeit mit zugesicherten Rahmen- und Dispokrediten decken könnte und dann ist es nicht mehr wirklich attraktiv.

Ich hab meinen Smartbrokeraccount im Dezember eröffnet, um mit Wertpapierkredit synthetische S&P500 Swaps zu kaufen und bin dann genau aus dem Grund auf Leveraged ETFs geschwenkt.


Deine Links zu Degiro sind veraltet. Das Problem mit dem Geldmarktfonds erledigt sich gerade durch die Übernahme durch Flatex und den Wechsel zu gewöhnlichen Geldkonten. Der Großteil der Kritik von Seiten der AFM wurde behoben.

Hab es selbst nicht weiter verfolgt. Ich hab nur mal den verlinkten Wertpapierforumsthread quergelesen und mir immer mehr an den Kopf gepackt.

Nicht nur dass sie mit ihrem eigenen Investmentfond gegen Kundenorders gewettet haben, die Aufsichtsbehörden in den Niederlanden und in Österreich Probleme sehen, auch Dinge wie Depotübertragskosten in Höhe von 50€ pro Position ohne Übertrag der Einstandskurse (womit der spätere Broker dann den gesamten Verkaufspreis versteuern würde) finde ich fatal, wenn ich dort wirklich meine Lebensersparnisse managen möchte.

Die Leute unterschätzen glaub ich auch das Thema Steuern. Klar, für einen manuellen Aktienkauf und Verkauf ist das alles easy.

Aber wenn du 30 Jahre lang per Sparplan plus vier mal im Jahr händisch einkaufst, sind das 16 Einstandskurse pro Position pro Jahr, sprich 480 Einstandskurse pro Wertpapier insgesamt. Darauf kommen im Schnitt 15 Vorabpauschalen, sprich du zahlst 7200 Vorabpauschalen - pro Wertpapier im Portfolio, die du abführen, dokumentieren und später wieder anrechnen musst. Plus Währungsumrechnungen der Stichtage usw.

Ich hab ähnlichen Spaß mit meinem US Etrade Depot für Firmenaktien mit RSU/ESPP und das ist schon für ein reguläres Jahr jedes Mal ein Vergnügen an Aufwand. Ich will mir gar nicht ausmalen wie das dann beim Verkauf in 30 Jahren aussieht, wenn man mit mieserabler Dokumentation einen Nachweis erbringen möchte.

Steuerstundung und Depotüberträge sehen damit auch deutlich schlechter aus und gerade bei Hebelstrategien ist Steueroptimierung beim Rebalancing imho besonders wichtig.


Liest sich in dem verlinkten Thread nicht irgendwie raus, dass Leverage-ETFs für buy&hold nicht unbedingt eine erhöhte Rendite bringen? Hab nicht alle Seiten des Threads durchgelesen, aber es schien dort kein klares Fazit zu geben. Das Szenario mit investieren auf Kredit schien zumindest etwas leichter zu durchblicken (Wobei das Margin Call-Szenario natürlich ggf. gruselig ist)

Das ist eher das traditionelle Mantra mit dem man angefangen hat, dann aber im Verlauf mehr und mehr gemerkt hat, dass das nicht unbedingt stimmt und sich ein Leveraged ETF nicht anders verhält als ein Investment auf Kredit, das ebenso täglich rebalanced wird, um das Ausfallrisiko zu begrenzen. Auf der Startseite sind jede Menge Backtests verlinkt.

Die Rendite pro Jahr ist bei 2x pro Tag durch Volatility Decay natürlich nicht doppelt. Sie kann je nach Pfad besser oder schlechter sein.

Über auch 12% Rendite statt 11%, nach Kosten, läppern sich über die Jahre dank Zinseszins dann doch ganz ordentlich. In den vergangenen zehn Jahren war der Unterschied gewaltig, aber das ist natürlich nicht unbedingt repräsentativ.

Mehr Hebel ist aber nicht bedingungslos besser. Der Sweetspot auf Basis historischer Renditen liegt irgendwo bei 1,5-1,7er Hebel. Bis 2x kommt dann kaum Mehrrendite, bei weiter linear steigendem Risiko, danach sinkt die Rendite sogar langfristig.

Ich würde gern mal simulieren wie es aussieht, wenn man den Hebelfaktor an die aktuelle Marktbewertung knüpft, also je nach CAPE mehr oder weniger Hebel. Ist dann wiederum nur steuerlich nicht unbedingt vorteilhaft, müsste man also schon ordentlich simulieren, inklusive der steuerlichen Opportunitätskosten von Rabalancing und wie viel man davon durch Neuinvestitionen abfangen kann.


Was spricht denn extrem gegen Interactive Brokers?

AFAIK kein Sondervermögen. Wertpapierleihe mit deinem Depot. Probleme beim Depotübertrag und vor allem bei Steuern. Vorabpauschalen selbst versteuern, was bei vielen Einstandskursen über Jahrzehnte echt eklig nachzuweisen wird.

Anmerkung 2023
Ich saß hier noch demselben Trugschluss auf wie viele andere und versuche mittlerweile das Missverständnis aufzulösen, wenn immer möglich. Denke heute nicht mehr, dass abseits von Steuerdokumentation etwas gegen IBKR spricht.

Das ist alles cool, wenn man nebenbei ein wenig mit Optionen herumspielt, aber damit ein Wertpapierkredit funktioniert musst du idealerweise dein gesamtes Kapital dort parken, um entsprechend Sicherheit und Beleihungsquote zu erreichen. Und dann ist das meines Erachtens die Nachteile nicht mehr wert.


Aktien sind auch bei deutschen Brokern kein Sondervermögen und der Wertpapierleihe (“Stock Yield Enhancement Program”) kann man widersprechen.

Ich sehe bei IB kein operatives Risiko dass das Potential hätte ihre ~$250B Kundenvermögen mit runterzureißen. Die haben seit 1978 schon einige Unwetter erlebt, da habe ich bei irgend einem Startup-Broker mit M-DAX Fintech-Bank im Rücken mehr Sorge.

Damit möchte ich das immer und überall vorhandene Tail-Risk nicht absprechen.

Bitte? Na klar sind sie das.

Da liegt “brokervergleich.de” leider falsch, rechtlich gesehen gibt es den Status “Sondervermögen” allein für UCITS Investmentfonds- und Gesellschaften: https://www.gesetze-im-internet.de/kagb/__91.html. Das soll gegen eine Insolvenz der Fondsgesellschaft schützen, dort ist Kundenvermögen per Definition Sondervermögen.

Für Broker bzw. ihre Depotbanken ist die getrennte Aufbewahrung von Kundenvermögen vorgeschrieben https://www.gesetze-im-internet.de/wphg/__84.html. Dadurch ist sichergestellt dass deine assets nicht zur Insolvenzmasse gehören, den Begriff “Sondervermögen” gibt es in diesem Kontext allerdings nicht und die Bank muss selbst dafür sorgen dass eine ausreichende Trennung geschieht.

Ich meine, ich hätte mal gelesen, IBKR habe sich aber durch das Konstrukt mit UK-Recht deutlich abgesichert und könnte die Tochter pleite gehen lassen, ohne dass dem US-Konzern haftungstechnisch irgendwetwas passiert. Die Gesamthaftung war auf 50 Millionen oder so begrenzt. Du kannst also nicht die Größe des US-Marktes als Sicherheit für Europa sehen.

Die Haftung mag aber nun Post-Brexit mit Wechsel nach Luxemburg, Irland und Ungarn anders aussehen. Meines Wissens bist du je nachdem welches Land nun für dich zuständig ist, anders abgesichert, aber es gibt recht harte Limits. Wenn jemand das für unterschiedliche Szenarien mal mit Gewissheit aufschlüsseln könnte, gerade im Vergleich zu deutschen Brokern, fände ich das auch interessant.

Zustimmen würde ich dir allerdings, dass ich ebensowenig mittlere bis hohe sechs- oder siebenstellige Vermögen bei einem einzigen Plastikbrokerfintech lagern würde. ;) Ich würde grundsätzlich über 2-3 Broker verteilen, weil selbst Sondervermögen nicht gegen Missbrauch, Veruntreuung und Inkompetenz schützt, aber im Zweifel ist mir eine Haftung durch den Freistaat Bayern oder die größten Banken Europas mehr Wert als das Versprechen eines US-Konzerns, der keine rechtliche Haftung hat.

Das Kernproblem sehe ich dennoch darin, dass Wertpapierkredite eine Konzentration des Portfolios verlangen und man das Brokerrisiko damit nicht verteilen kann.

Die Steuerargumente bei ETFs gelten natürlich ebenso.


Die Kernfrage ist ja ob das Konzept der Vermögenstrennung bei der Verwahrung sauber umgesetzt und durch den potenziellen Insolvenzverwalter dann korrekt bearbeitet würde und es da bei den lizensierten europäischen IBKR-Brokern Unterschiede zu deutschen Brokern gibt. Kann mir vorstellen, dass es im Zweifel schwieriger ist, den Insolvenzanspruch geltend zu machen, als beispielsweise bei der DKB.

Die Haftung kommt hoffentlich nicht zum Tragen, aber ja, genau diese wäre ein guter Grund für mich für Brokerdiversifikation, auch wenn das Risiko hoffentlich gering ist.

https://www.gajowiy.com/2020/11/21/nachgehakt-brexit-einlagensicherung-und-ib-kontenmigration schaut nach einer guten Übersicht aus.


Ich seh ein paar Probleme mit dem Hedgefundieplan als Europäer:

  • 3x Leverage ist deutlich kritischer für Buy&Hold, das soll zwar über die Anleihen mitigiert werden, aber dann musst du IMHO sehr viel häufiger rebalancen als alle drei Monate. Das ist wiederum steuerlich ungünstig. Ansonsten läuft dir der Hebel regelmäßig aus dem Ruder. Innerhalb eines 401k wäre das attraktiver, aber dann könnte man auch direkt LEAPs nehmen
  • Crypto korreliert deutlich stärker mit dem Aktienmarkt als Bonds. Die gesamte Strategie basiert auf der inversen Korrelation, das kann man nicht einfach ersetzen, ansonsten ist 3x langfristig ein viel zu großes Risiko.
  • Die WisdomTree-Produkte sind keine ETFs sondern ETNs, also Zertifikate und vor allem kein Sondervermögen. Angeblich abgesichert, aber mir würde das für meine Lebensersparnisse nicht genügen, damit scheitert die Strategie in Europa schlichtweg an der Praxis

Es muss nicht 1,5 sein, es gibt eine Menge Spielraum zwischen 1 und 2 und beide Varianten, also gehebelt Aktien + ungehebelt Aktien und gehebelt Aktien + Bonds sind durchaus legitim. Da hab ich auch noch keine abschließende Meinung über die Ausgestaltung. Ich glaube aber, dass der Amundi in Europa das mit Abstand interessanteste Produkt zur Zeit ist und baue daher erst einmal eine relevante Position auf.