Krankenpfleger

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This article was last updated on 2019-12-17, the content may be out of date.

Zum konkreten Berufsbild kann ich wenig sagen, aber vielleicht ein paar abstraktere Gedanken:

  • Mit 24 bist du nicht alt. Du kannst noch so ziemlich alles (ok, Konzertpianist oder Profisportler eher nicht mehr) machen und werden, wenn du es wirklich möchtest, fähig dazu bist und nicht kurzfristig auf ein gewisses Einkommen angewiesen bist.
  • Statt nur fachbezogen zu überlegen, vielleicht einfach mal ein Blick “out of the box”? Ich kann absolut nachvollziehen, dass du erst einmal im erlernten Bereich schaust und es ergibt Sinn, das Erlernte nicht zu verwerfen, aber je nachdem was du bereit bist hineinzustecken und wo deine Potentiale liegen, kommt ggf. mittelfristig deutlich mehr raus, selbst wenn es fachfremd wird
  • Ich würde mich als erstes fragen, was ich besonders gut kann.
    • Damit meine ich weniger konkrete Fähigkeiten (Sprache foo, Programm bar bedienen, Programmiersprache baz, Prozess qux, Tätigkeit quux, Softskill quuz), sondern vielmehr abstrakte, transferierbare Eigenschaften und Charakterzüge
    • Diese können positiv sein (z.B. schnelle Auffassungsgabe, logisch-strukturiertes Denkvermögen, Fähigkeit zur Abstraktion, starke Kommunikationsfähigkeit, fleißig, ordentlich)
    • Sie können aber auch negativ sein (z.B. langsam von Begriff, faul, unflexibel, unordentlich, unnahbar, furchteinflößend)
    • Oder je nach Aufgabengebiet anders besetzt (z.B. empathisch/unempathisch, ehrlich/unehrlich, hohe Moralvorstellungen/skrupellos)
  • Die Kombination der Eigenschaften muss zum jeweiligen Berufsbild passen, wenn man darin langfristig erfolgreich sein und Erfüllung finden möchte.
  • Dazu kommt eine entsprechende Erwartungshaltung, was die Rahmenparameter des Berufes angeht und wie sich diese mit den sonstigen Erwartungen an das Berufs- und Privatleben vereinbaren lassen.
    • Möchte ich nur arbeiten um zu leben oder soll die Arbeit ein wichtiger Teil meines Lebens sein, der nicht um Punkt 5 endet?
    • Wie viel Sozialleben bin ich bereit für den Beruf zu opfern und umgekehrt?
    • Möchte ich nach dem Feierabend abschalten können oder ist es ok, wenn ich mir noch im Bett den Kopf zermartere?
    • Möchte ich einen kreativen Beruf oder eher einen mit ganz klar abgerissener Struktur?
  • Um gut zu verdienen zählen meines Erachtens drei Dinge: der Jobmarkt (Angebot und Nachfrage - wer kann das machen und wie viel Bedarf gibt es?), der Markt der erbrachten Wertschöpfung (wie skalierbar ist die eigene Arbeit auf die Massen?), sowie die Leistungsfähigkeit (wie viel besser oder schneller ist man als jemand anderes? - das steckt indirekt in den anderen beiden, aber da ein Mensch sich nicht aufteilen lässt, administrative Arbeit hinzukommt und vor allem die Bewertung schwierig ist, skaliert es anders - in den meisten Branchen wird dies durch Reputation und die vermeintliche/erwartete Leistungsfähigkeit ersetzt und nur selten quantifiziert)
    • Altenpflege ist mittelmäßig in Sachen Jobmarkt - es ist zwar sehr gefragt, aber die Einstiegshürde und damit die Konkurenz ist relativ niedrig, was die eigene Verhandlungsposition stark schwächt und die Ersetzbarkeit fördert
    • Altenpflege ist richtig mies in Sachen Skalierbarkeit - langwierige Individualdienstleistung an Leuten, die nicht besonders reich sind kann sich per se niemals lohnen. Das Gegenextrem ist beispielsweise der Youtuber - wenn du Millionen Leute erreichst, musst du von jedem nur Centbruchstücke bekommen, um reich zu werden.
    • Altenpflege ist ebenso richtig mies in Sachen Leistungsfähigkeit - es gibt quasi kaum Überperformance, sondern eher getaktete Arbeit und komplette Austauschbarkeit. Ein Mehrwert kommt lediglich den Gepflegten zu Gute, wird aber nicht vergütet.
  • Unter den Gesichtspunkten kann man relativ gut abschätzen welche Jobs sich lohnen und welche nicht und wie sie sich mit den eigenen Skills vereinbaren lassen. Man kann noch so viel jammern, dass Altenpfleger schlecht verdienen - es wird sich nie ändern. Die meisten prestigeträchtigen Berufe mit hohem Einkommen haben oder hatten eine künstliche Verknappung (z.B. durch Numerus clausus), eine lange Ausbildungszeit und hohe Ausbildungskosten, eine natürliche Verknappung (Skill Ceiling, körperliche Tauglichkeit, geistige Tauglichkeit, z.B. Profisport) oder gehen mit Opfern einher, die der Großteil schlichtweg nicht bereit zu erbringen ist (Überstunden, Reisebereitschaft, Arbeitszeiten). In den meisten Feldern ist es eine Kombination der Faktoren, bei Piloten oder gar Astronauten trifft beispielsweise so ziemlich alles zu, aber selbst dann ist der Weltmarkt zu klein für die Menge an potentiellen Kandidaten.
  • Leistungspotentiale sind imho ein unterschätzter Aspekt und der Grund, warum IT so verrückt ist - in kaum einem anderen Beruf hat man so ein Leistungsgefälle. Der Leistungsunterschied zwischen durchschnittlichen Programmierer und Starprogrammierern beträgt 2000% - in denselben Teams. Es gibt eine Menge Projekte, die die meisten Leute und Firmen einfach niemals eigenständig lösen können und abseits von Reputation noch kaum Mechanismen, um dies realistisch zu bewerten. Man kann es kaum exakt quantifizieren, aber man kann zumindest ziemlich schnell zeigen, dass man zu den top xx% gehört. Darauf kann man schnell massive Alleinstellungsmerkmale und Reputation etablieren, die das Ganze zum Selbstläufer machen.

Ist keine Lösung, aber vielleicht ein Denkanstoß. ;)


Woher weiß ich, ob beispielsweise meine Auffassungsgabe schnell genug ist, um Beruf X überhaupt auszuüben bzw. darin besser zu sein als die meisten? Und woher weiß ich überhaupt, welcher Beruf welche Eigenschaften fordert und welche eher nicht?

Selbstreflexion / Meditation / Lebenserfahrung / Austausch mit anderen, die den Beruf ausüben. Gibt es natürlich keine perfekte Antwort drauf, daher war das Posting auch mehr als abstrakter Denkanstoß gemeint. Schlussendlich ist das alles sehr individuell. Die meisten Jobs kann man mit völlig unterschiedlichen Skillsets meistern und erst die Kombination mehrerer Aspekte ergibt das Endresultat.

Je nach Job kann man darauf auch Teams aufbauen, die stärker sind, als es die Einzelpersonen sein könnten. Wird aber meiner Erfahrung nach von Managementseite viel zu wenig aktiv gefördert und genutzt, weil man die Leute ersetzbar halten möchte. Gewisse Strukturen ergeben sich aber automatisch - der eine dokumentiert mehr, weil ihm das wichtig ist und er eher penibel und gründlich ist, der andere ist eher der kreative Denker und baut die Prototypen für neue Lösungen.

Genau hier würde ich bei den Altenpflegern ansetzen. Daher kommt ja meiner Einschätzung nach auch die Knappheit

Definitiv, nur ist OP ja offenbar selbst auch nicht mehr bereit diese Opfer zu erbringen. ;) Ich denke nur, dass alles mit niedriger Einstiegshürde eine sehr hohe Wahrscheinichkeit hat a) wegautomatisiert zu werden oder b) durch Verdrängung ein erweiterter Preisdruck nach unten entsteht, wenn andere Branchen automatisiert werden und der Markt der Niedriglöhner weiter wächst, während zudem günstige Arbeitskräfte, beispielsweise aus Polen, auch immer teurer werden, gerade im privaten Pflegebereich.

Jetzt wird ein Aufschrei kommen ala “Pflege kann man doch nicht automatisieren!” - ja sicher nicht zu 100%, aber wenn man 70% der Tätigkeiten maschinell ersetzen kann, fallen trotzdem zwei Drittel der Jobs weg. Darauf wird es zwangsläufig hinauslaufen. Vielleicht bin ich da noch zu naiv was den Alltag angeht, aber ich glaube Japan ist bereits auf dem besten Weg in diese Richtung.