Lohnt sich bAV? (3)
Entnahme steuerpflichtig
Der Vorteil ist, dass die Einzahlungen steuerfrei sind, aber dafür ist die Entnahme später steuerpflichtig. Also klassische, nachgelagerte Besteuerung.
Die Idee ist, dass du heute bei der Entgeltumwandlung den Grenzsteuersatz zahlst, also ab ~60k€ 42% und später in der Rente weniger verdienst, so dass du geringer in der Progression liegst.
Konkrete Probleme
Dabei gibt es aber ein paar Probleme:
- Verrentung lohnt sich selten, weil dann, selbst wenn die bAV in Aktienfonds investiert, zu einem Stichtag alle Anteile verkauft und verrentet werden müssen. Die üblichen Rentenfaktoren sind dabei nicht einmal halb so gut wie die gesetzliche Rente über die bereits alle schimpfen. Und wenn an dem Stichtag die Börse schlecht steht, bist du doppelt gekniffen. Wenn die Fonds vorher in Anleihen umschichten, entgeht dir wiederum Rendite. Bei eigener Anlage hast du für den Großteil des Geldes einen viel längeren Anlagezeitraum und kannst dynamisch auf die Marktsituation reagieren.
- Statt einer Verrentung ist also eine Einmalzahlung in der Regel die bessere Wahl, denn dann kannst du das freigewordene Geld wieder selbst anlegen. Nun reden wir aber über ein Leben schnell von mehreren Hunderttausend Euro. Die gesetzliche Rente bzw. das letzte Arbeitsgehalt fressen bereits die Steuergrundfreibeträge und den Großteil der Progression. Damit fällt fast die gesamte Summe doch wieder in den Spitzensteuersatz und der Soli (auf die bAV UND Rente und Einkommen im Jahr) kommt noch oben drauf.
- Seit 2009 ist der ganze Spaß voll krankenversicherungspflichtig. Arbeitnehmer UND Arbeitgeberanteil, also heute bereits knapp 19%, Tendenz steigend. Es gibt mittlerweile immerhin einen Freibetrag von ~150€ im Monat, aber der ist schnell erreicht. Selbst bei einer Einmalzahlung werden die KV-Beiträge über zehn Jahre gestreckt, damit man sich nicht davor drücken kann. Wir reden also zusammen mit der Besteuerung von einer Grenzabgabenbelastung von knapp 70%.
- Die Produkte haben extrem hohe, oft intransparente Kosten, sowohl a) gezillmerte Abschlusskosten, als auch b) hohe Fondskosten, als auch c) hohe Verwaltungskosten in der Entnahmephase.
Fazit
Schlussendlich lohnt es sich selten. Nur wenn der Arbeitgeber hohe Zuschüsse leistet (Tendenz 50%+ bei Aktienfonds, 100%+ bei Garantiezinsen) und selbst dann muss man genau rechnen, außer man hat nur noch wenige Jahre bis zur Rente. Und dann bleibt es immer noch ein Trauerspiel, wie viele Tausender der Versicherungsindustrie in den Rachen geworfen werden und es lohnt sich nur wegen der Arbeitgeberzuschüsse.
Nebeneffekte der “Einsparungen”
Die „Einsparungen“ bei der Sozialversicherung bedeuten effektiv weniger Ansprüche, also weniger gesetzliche Rente und ALG. Und da der Arbeitgeber die Hälfte trägt, stellen sie hier einen Nachteil als Vorteil da. Das ist schon echt dreist.
Auch die „Steuereinsparung“ ist keine Einsparung, sondern nur eine Stundung - bei der Auszahlung zahlst du ja doch Steuern.
Die gesamte Beispielrechnung ist meines Erachtens verlogen. Der Zuschuss sind was, 15% vom Bruttowert? Also das gesetzliche Minimum.
Auf die Gesamtsumme zahlst du - sollten es wirklich 250k€ werden (es fehlen Infos zu echten Kosten etc, daher nehmen wir den Wert) - am Schluss 44% Steuern und 19% KV (ca. 20k€ frei). Da bleibt weniger als die Hälfte von übrig. Wahrscheinlich ca. 120k€.
Hättest du die 137€ aus dem Netto mit 8% über 33 Jahre selbst angelegt, kommen da auch 250k€ raus, aber darauf fallen nur 35k€ Steuern an, sprich ~215k€ insgesamt. Du hättest also fast das Doppelte raus und auch noch mehr gesetzliche Rente und bist jederzeit flexibel und kommst an das Geld.
Das Ganze ist eine unglaubliche Frechheit und Abzocke durch die Versicherungen.
Kontrolle behalten
Beim selbst Anlegen kannst du reagieren, wenn sich die Rahmenbedingungen ändern. Mit einer Versicherung bist du den Änderungen schonungslos ausgeliefert - genau wie 2009, als die KV-Pflicht die Leute mal eben 20% ihrer Ersparnisse gekostet hat.