NYT The Daily

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This article was last updated on 2019-12-18, the content may be out of date.

Nach der Vereinbarung soll es künftig drei Kategorien für nachhaltige und annähernd nachhaltige Finanzprodukte geben: „low-carbon“, „transition“ und „enabling“.

Etwas unterkomplex? Was ist jetzt RWE nach den Kriterien?

The new RWE makes electricity that is clean, safe and affordable. The company is on a global path to growth and pursues a clear CO2-reduction target.

Also zumindest die Marketingdefinition erfüllt semantisch alle Kriterien?

Oder von was für Finanzprodukten und Finanzmärkten reden wir hier, wenn nicht von Unternehmen, die zwangsläufig komplexere Strukturen aufweisen (und ggf. die schädlichen Teile in Tochterunternehmen auslagern)? Zertifikate? Auf was genau?

Wenn ich die einzige verlinkte Primärquelle richtig verstehe, dann ändert sich mit dem Beschluss nun so gut wie gar nichts?

https://www.euractiv.com/wp-content/uploads/sites/2/2019/12/COREPER-new-text-161219.pdf?_ga=2.237077444.532520948.1576597162-1174940296.1555506126

Das klingt alles mehr nach einer Absichtserklärung, aber der Artikel schafft es auch nicht ansatzweise mir konkreten Kontext oder vernünftige Primärquellen zu liefern. Es ändern sich mit dem Kompromiss drei Sätze, die zumindest nach meinem nicht-juristischen Sprachgefühl den Inhalt sogar eher abschwächen, da man nun nicht nur die absolute Umsetzung betrachtet, sondern auch die Machbarkeit und Wirtschaftlichkeit (feasibility) und damit relative Verbesserungen im Vergleich zum Sektor anerkennt, anstatt auf die absolute Umsetzung zu achten. Aber was ist nun der tatsächliche Inhalt und warum ist das so ein großes Ding? Was bedeutet es in der Praxis?


Je mehr ich NY Times lese und The Daily höre, desto mehr entsetzt mich deutscher Journalismus im Vergleich. =/

Hier lassen sie einen achtjährigen Impeachment erklären, indem sie ihn einen Journalisten mit Pulitzerpreis interviewen lassen, um seine offenen Fragen zu beantworten:

https://www.nytimes.com/2019/11/13/podcasts/the-daily/impeachment-hearings.html

Hier erklären sie Probleme im amerikanischen Schulsystem und zitieren eine Studie nicht nur, sondern hinterfragen deren Aufbau und Fragestellung und erklären wie die Daten erhoben werden, auf deren Basis wir Schlüsse ziehen:

https://www.nytimes.com/2019/12/05/podcasts/the-daily/education.html

Selbst die Longreads sind allesamt extrem lesenswert, kurzweilig und gut recherchiert, von Folterknästen in Syrien über Palmöl zur Biodieselproduktion bis hin zu Amazons rücksichtslosem Verhalten gegenüber Open Source Software in AWS. Warum schafft deutscher Journalismus so etwas nicht mal ansatzweise? Deutschlandfunk ist ganz okay, aber noch meilenweit hinterher.


Du kritisierst die Meinung und Position, ich rede von der Form bzw. Marktwirtschaftlichkeit im digitalen Zeitalter ohne Boulevardausverkauf und ausufernder Werbung.

  • Sie bieten sehr gut strukturierte und verfügbare digitale Inhalte an
  • Das Preismodell ist schlüssig und bezahlbar (7,5$ pro Monat im ersten Jahr, dann 15$ im Monat für App und Webseite auf allen Geräten) - FAZ oder Süddeutsche kosten selbst für Studenten ein Vielfaches
  • “The Daily” ist einfach granatenstark. Eine Viertelstunde am Tag monothematisch, unaufgeregt und wirklich detailliert zu einem bestimmten Thema mit Hintergründen und Blickwinkeln, die man so im inneren Mainstream bei uns nicht kennt. Deutschlandfunk Hintergrund ist sehr vergleichbar, aber mit einem Bruchteil der Veröffentlichungen. Alle anderen täglichen Formate finde ich arg enttäuschend.

Ich hab aber gerade bei “The Daily” (das verfolge ich intensiver als die Printausgabe) keinen sonderlichen neokon-bias erkennen können, wobei mich das wohl auch weniger stören würde, als der linke bias bei der TAZ. Doch auch der ist okay für mich, so lang klar ist womit man es zu tun hat. Jede Form von Journalismus ist immer subjektiv, allein durch die Selektion der Themen. Michael Barbaro ist für mich aber sehr authentisch und glaubwürdig, ohne versteckte Agenda, am ehesten vergleichbar mit einem Georg Restle. Am Ende des Tages sind das natürlich immer noch Amerikaner mit einem anderen politischen Kompass als wir, aber das ist auch völlig in Ordnung, so lang sie gut recherchierten Journalismus betreiben. Die Themen sind aber auch nur selten etwas das überhaupt in die klassische “links vs. rechts” Debatte fällt

Hör doch mal die jüngsten Dailies zu Nordkorea (Parallelen zu Lybien) oder zum vierten Selbstmord eines Taxisfahrers in New York wegen Uber. Das ist wirklich interessant, sehr verständlich aufgearbeitet, tiefgehend genug und kann einem sehr nahe gehen - selbst wenn es beispielsweise mal um patriotische Amithemen, wie gefallene Soldaten bei einem Hinterhalt in Afghanistan geht.

AFAIK hat die NYT vor allem an mit ihrer nüchternen, aber entlarvenden Trumpberichterstattung viele Fans gewonnen. Sie haben als eine der großen englischsprachigen Zeitungen natürlich eine ganz andere internationale Zielgruppe als deutsche Zeitungen, trotzdem sind sie eine der wenigen Zeitungen, die die digitale Transformation anscheinend hinbekommen, nachdem es auch bei ihnen anfangs stark gekriselt hat.

Ansonsten sehe ich es aber auch so, dass man gerade die Medien lesen sollte, die eben nicht die eigene Filterblase repräsentieren. Es ging hier ja gerade um traditionelle Medien, aber ich kann auch No Agenda hören, ohne die Meinung von Adam Curry und John C. Dvorak zum Klimawandel und vielen anderen Themen zu teilen, einfach weil sie auch eine Menge berechtigte Kritik vorbringen. The Intercept mit Jeremy Scahill und Glenn Greenwald ist auch super, auch wenn die mir dann aus der anderen Seite gern mal zu extrem sind. Medien- und Meinungspluralität ist doch etwas Gutes, wenn man nicht nur seine vorgefertigte Meinung bestätigt wissen will, sondern offen dafür ist, diese, genau wie die des Mediums, kritisch zu hinterfragen. Sind eben nur keine klassischen Zeitungen.