RSUs und W8-BEN

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This article was last updated on 2017-08-09, the content may be out of date.

Mein Mann hat 2016 für eine amerikanische Firma gearbeitet (hier in Deutschland mit deutschen Arbeitsvertrag). Der Arbeitgeber hat Boni (und Preisgeld von einem Award) in RSUs (Reserved Stock Units) ausgezahlt. Der Account liegt bei Charles Schwab. Von den RSUs sind in 2016 zahlreiche gevestet und ausgezahlt worden. Insgesamt wären das fast 10k Euro gewesen, aber Charles Schwab hat direkt 42% Federal Steuer drauf abgeführt. (Holy guacamole ist das viel!!)

Bist du sicher, dass du hier nicht zwei Dinge verwechselst?

Bei RSUs ist die Standardeinstellung in den meisten Depots Sell-to-Cover. Der Grund ist, dass RSUs ein Bonus und somit Gehaltsbestandteil bzw. geldwerter Vorteil sind. Du musst nun in Deutschland dieses als Teil deines Gehaltes mit deinem Einkommensteuersatz versteuern sobald die RSUs vesten, denn würdest du vorher kündigen, würden sie einfach verfallen, sie gehen also erst mit dem Vesting in deinen Besitz über.

Theoretisch könntest du das nötige Kapital zur Besteuerung dem Depot überweisen, aber um deine Liquidität zu garantieren ist die einfachste Option, dass der Depotanbieter automatisch 42% (Spitzensteuersatz in DE) der Anteile veräußert. Das sind die Steuern für die gesamten RSUs, die du bekommen hast. Die restlichen 58% wandern (zu diesem Zeitpunkt fertig versteuert) in dein Depot und du kannst dann einigermaßen frei darüber verfügen - je nach Bedingungen des Arbeitgebers, ich darf z.B. keinen Depotübertrag vornehmen, aber ohne Haltezeit frei verkaufen.

Die 42% (+ Rundung auf die nächste volle Aktie) Anteile die verkauft wurden bekommt normalerweise dein Arbeitgeber vom Depot und verrechnet sie für dich automatisch mit deiner nächsten Gehaltsabrechnung. Der korrekte Vorgang wäre erst im Brutto die gesamte RSU Summe (100%) aufzuaddieren und zu versteuern und dann komplett (100%) wieder vom netto abzuziehen, dafür aber die Verkaufserlöse draufzuaddieren. Also quasi ähnlich wie eine Firmenwagenversteuerung, nur dass du da kein Geld aus dem Depot bekommst. ;-)

Beispiel: Du bekommst 10k€ on top auf dein Brutto, dadurch erhöht sich deine Steuerlast um 4200€, die 10k€ werden dir vom netto wieder abgezogen (jetzt bist du bei -4200€) und letztendlich wird der Verkaufserlös, also etwas weniger als 4200€ (Transaktions- und Umrechnungsgebühren sind meist durchaus ordentlich) wieder aufaddiert, so dass du beinahe bei +- Null rauskommst, aber 58% der RSUs fertig versteuert auf deinem Depot verbleiben. - Zu diesem Zeitpunkt. Falls dein Spitzensteuersatz geringer ist als 42% bekommst du die Differenz natürlich erstattet oder sie sammelt sich als Cash in deinem Depot.

All das hat bis hier noch nichts mit W8-Ben zu tun. Das wird erst relevant sobald wir von Kapitalerträgen sprechen. Bisher war das normaler Lohn, kein Kapitalertrag.

Kapitalerträge sind Kursgewinne. Verkaufst du also die fertig versteuerten RSUs in deinem Depot nicht sofort, sondern wartest und spekulierst auf steigende Kurse, so erwirtschaftest du wohlmöglich Kapitalerträge. Diese sind in Deutschland mit 25% (+ Soli + Kirchensteuer) Abgeltungssteuer zu versteuern. Damit hier nicht die Amerikaner auch noch ihren Teil vom Kuchen abziehen füllst du das Formular aus. Danach musst du das Ganze trotzdem ordentlich bei der Steuererklärung angeben (viel Spaß! Vor allem mit quarteilsweise vestenden RSUs und somit mindestens vier verschiedenen Einstiegskursen im Jahr mit unterschiedlicher Veräußerungsdifferenz nach FIFO-Prinzip).

Insbesondere die Transaktionskosten + Überweisungskosten + Währungsumrechnungsgebühren sind bei US Depots gern mal ca. 100€ pro Transaktion, was einen schon motiviert erst einmal zu sammeln und dann auf einen Schlag zu verkaufen. Dann steigt aber die Wahrscheinlichkeit auf Kapitalerträge und mehr Steuerkomplexität, als wenn man im Depot einstellt, dass frisch gevestete RSUs sofort automatisch verkauft werden sollen, womit man allenfalls die Handelsspanne Verlust macht.

Lustig wird es dann, wenn man zusätzlich noch ESPP zu Vorzugspreisen macht, bei dem die Einkaufspreisdifferenz ebenfalls als geldverter Vorteil direkt versteuert wird, aber man aufpassen muss für die Kapitalerträge den tatsächlichen Kurs zugrunde zu legen. Dazu dann RSUs aus mehreren überlappenden Jahren und man hat 10 oder mehr verschiedene Aktienkontingente pro Jahr unter demselben Namen im Depot, die steuerlich alle anders behandelt werden müssen.

TLDR: Gehaltsabrechnung genau überprüfen, wahrscheinlich war das nur deutsche Einkommensteuer und wurde bereits korrekt abgeführt.


Wenn das alles schon mit der Gehaltsabrechnung erledigt wäre, wäre das natürlich der Knaller! Ich hab die Lohnsteuerjahresabrechnung leider noch nicht, aber prüfe das, sobald ich sie habe.

Also, RSUs sind erst einmal immer ein geldwerter Vorteil und damit wie Gehalt zu betrachten und mit dem persönlichen Grenzsteuersatz (der dadurch ggf. weiter steigt, wenn du noch unter den 42% bei knapp 60k€ liegst) zu versteuern. Das hat mit Kapitalerträgen überhaupt nichts zu tun, diese würden erst fällig, wenn du dann die vested RSUs im Depot hältst und weitere Kursgewinne erwirtschaftest. Das musst du natürlich zusätzlich versteuern und auch selbst gegenüber dem Finanzamt darlegen, da Etrade sich nicht um deutsche Steuern kümmert.

Wären RSUs kein geldwerter Vorteil, könnte man den Mitarbeitern ansonsten ja einfach RSUs statt Gehalt zahlen, um Steuern zu sparen. Daher ist das komplett identisch zu mehr Brutto.

Deine RSUs vesten nun also quartalsweise. Bei jedem Vesting kannst du bei Etrade einstellen, wie damit steuerlich umgegangen werden soll. In der Regel gibt es für deutsche Mitarbeiter aber nur “Sell-to-Cover” als Option, rein technisch könntest du z.B. in den USA auch auswählen, dass das von einem Konto eingezogen oder aus der Balance beglichen wird.

Bei mir werden auch bei Etrade 40% der RSUs beim Sell-to-Cover verkauft und dann auf der Gehaltsabrechnung verrechnet. Das passiert damit dein Netto eben nicht spürbar sinkt.

Machen wir ein Beispiel: Du bekommst 16.000€ RSUs, die quartalsweise über zwei Jahre vesten. Das sind also 2000€ im Quartal. Alle drei Monate hast du demnach auf deiner Gehaltsabrechnung 2000€ Brutto mehr zu versteuern, die später wieder vom Netto abgezogen werden (denn sie landen ja in deinem Depot).

Der Einfachheit halber gehe ich jetzt von 42% Grenzsteuersatz aus, wenn du weniger verdienst, in dem Fall umso besser. Soli vernachlässigen wir mal. Für die 2000€ fallen also 42% Steuern an, sprich 840€. Dein Netto verringert sich also um 840€ für diesen Monat.

Nun bekommst du aber RSUs im Wert von 2000€ in dein Etrade Depot. Durch die Sell-to-Cover Einstellung verkauft Etrade davon 40% automatisch, was 800€ Erlösen entspricht. Diese 800€ bekommst du auf deiner Gehaltsabrechnung gut geschrieben, damit der Verlust nicht so deutlich wird.

Das Ergebnis: Du hast 40€ weniger Netto in dem Monat, aber 1200€ Aktien (bis hierher versteuert) im Depot.

Einziger Wermutstropfen: Etrade nimmt für jeden Verkauf 20$ Gebühren und für jede Auszahlung 20$ Wire Transfer Fee und dann kommen noch Fremdwährungsspesen deiner Bank dazu. Unterm Strich zahlst du also 50€ pro Transaktion, um die 1200€ aus dem Depot zu bekommen. Mittlerweile kann man allerdings erst nur in die Etrade Balance verkaufen und dann gesammelt Geld abziehen.

Möchte man Gebühren reduzieren und die RSUs länger halten, fängt man irgendwann automatisch an zu spekulieren und wartet bei Verlusten auf bessere Zeiten, womit das Ganze immer weiter kaskadiert. Willkommen in meinem Dilemma. :D

Edit: In der Praxis ist das noch etwas komplizierter, da du nicht 20k€ in RSUs bekommst, sondern die Menge RSUs, die bei der Zuteilung 20k€ entspricht, also bei dir 49 Stücke. Das heißt, jedes Quartal werden sechs (einmal sieben) RSUs freigesetzt, egal wie sich der Kurs entwickelt. Es kann also praktisch mehr oder weniger dabei herumkommen.

Bei der geringen Zahl, müssen also allein durch Rundung immer drei (einmal vier) verkauft werden. Der Übertrag über die 40% hinaus landet für gewöhnlich in deiner Etrade Balance. Das ist quasi ein Verrechnungskonto mit 0,x% Zinsen, worüber du dann am Ende des Jahres per Eilpost eine total wichtige Zinsbescheinigung über ein paar Cent Zinsen bekommst. Man übersieht das Konto leicht, also schau drauf, dass du, wenn du eh Aktien verkaufen möchtest, erst in die Etrade Balance verkaufst und dann den Übertrag, der sich dort angesammelt hast, bei der Überweisung mitnimmst. Bei mir liegen da mittlerweile 1800$…


Wenn die Aktien mehrere Jahre gehalten wurden, gilt die 5tel-Regelung (auf der Steuererklärung bei “Gehalt für meherere Jahre oder so” eintragen.

Wie in meinem anderen Posting gesagt, sollte man das Vesten nicht mit dem Verkauf durcheinander bringen. Die Steuern für das Gewähren der Aktien zahlst du in dem Moment indem diese aus dem RSU Sonderstatus in dein reguläres von dir selbst verwaltetes Depot übergehen. Das ist normales Gehalt.

5tel Regelung gilt doch für Beträge, die über mehrere Jahre hinweg erwirtschaftet wurden. Das ist bei RSUs üblicherweise aber nicht der Fall, denn die werden für gewöhnlich jedes Jahr aufs Neue vergeben. Die Vesting Period und Haltezeit sollten dabei überhaupt keine Rolle spielen.

insbesondere das mit dem Preisgeld (ist das ein Gewinnspiel oder eine Art Gehalt?)

Preisgeld wird so etwas wie ein “top job award” sein, für das Engagement in einem Leuchtturmprojekt oder anhand quantifizierbarer Schulterklopfmetriken wie “höchste Kundenzufriedenheit in Umfragen” oder “die meisten billable hours in Rechnung gestellt”. Denke das fällt auch unter Gehalt.

Restricted Stock Units (RSU) sind eine beliebte und für das Unternehmen günstige Variante einen zusätzlichen Bonus als goldene Handschellen auszuschütten. Meist für gute Arbeit oder in erfolgreichen Jahren, aber einige Firmen schütten das fast durch die Bank aus. Ist dann meist eine schöne Überraschung, wenn es plötzlich einen Kleinwagen dazu geschenkt gibt, insbesondere weil das in Bewerbungsgesprächen häufig nicht einmal erwähnt wird. Du hast eben keinen gesicherten Anspruch darauf, aber es ist rechtlich gesehen ein ganz normaler Bonus.

Du bekommst Aktien oder Optionen versprochen, diese gehen aber erst über einen Zeitraum sukzessive in deinen Besitz über. Ich hatte dabei schon alles auf einen Schlag nach zwei Jahren und jetzt jedes Quartal anteilig über zwei Jahre hinweg. Dabei überlappen sich dann immer zwei Jahre, so dass effektiv jedes Quartal ein ordentlicher Batzen hinzu kommt.

Verlässt du die Firma bevor dieser Übergang stattfindet, verfallen die übrigen RSUs. Also ein effizientes Mittel die Mitarbeiter zu binden, wenn diese ihr Geld nicht verlieren wollen. Umgekehrt aber ein guter Weg sie loszuwerden, wenn man irgendwann plötzlich damit aufhört. ;-)


PS: Nur falls jemand vor Spannung stirbt: Das Preisgeld war, wie von /u/sxah vermutet für einen “Top Job Award” :)