Schwarze Anzüge

Warning
This article was last updated on 2021-12-08, the content may be out of date.

Ich finde das befremdlich daß alle Männer mit schwarzem Anzug und weißem Hemd da sitzen, wie frisch von einer Militärparade. Sind die Leute das alle so gewöhnt, daß sie es nicht mal bemerken? Wie die Amis, die es für normal halten, daß in der Schule alle Kinder täglich die Flagge anbeten? So eine Uniformität bei den Ministern in einer freien Gesellschaft ist nicht normal. Und es betrifft nur die Männer, die Frauen haben alle verschiedene Arten von Kleidung und in verschiedenen Farben an.

Ich finde es immer wieder faszinierend, wie viele Menschen Anzüge und Hemd als totale Uniform begreifen, aber T-Shirt und Jeans ist dann vermeintlich der pure Individualismus und überhaupt nicht uniformiert. Dabei ist ein Anzug viel, viel individueller, angefangen bei der Passform, die immer auf den Träger angepasst wird, bis zu den unzähligen Details und nicht ansatzweise vergleichbar mit industrieller Massenware, die doch die wahre Uniform darstellt.

Bei Anzügen gibt es so unglaublich viele Details - Material, Rosshaar-Einlage, Futter, Saum, handgearbeitete Nähte, Farbe, Knöpfung und Knopfmaterial, Revers Form/Breite/Kassur, Textur, Dessin, Taschen mit Patte oder aufgesetzt, Ticket Pocket, Krawatte Farbe/Material/Breite/Bindung, Manschettenknöpfe, Hemd Material/Perlmuttknöpfe/Knopfleiste, Kragenform und Verarbeitung, Hose Side Adjusters/Bundfalten/Umschläge, Hosenträger, Einstecktuch Farbe/Material/Faltung/Verarbeitungsdetails, Accessoirs wie Boutonniere oder Krawattennadeln, uvm. sich zu differenzieren, aber so genau schaut eben kaum jemand hin, weil der Pöbel (und wohl auch die meisten Politiker) diese Details gar nicht mehr versteht.

Die Kunst sich zu kleiden ist es die einzelnen Komponenten dem Anlass entsprechend hinsichtlich ihres Formalitätsgrades angemessen zu kombinieren. Ein hoher Anlass verlangt traditionell ein weißes Hemd. Aber im Frack tritt hier auch niemand mehr auf - der klassische Anzug mit weißem Hemd ist eben der normative Konsens sich gebührender Förmlichkeit.

Das hat aber nichts mit Uniformität zu tun und es bedeutet nicht, dass kein Raum für Individualismus da ist. Man muss nur lernen den herauslesen zu können, denn bei Herrenmode steckt er absolut im Detail und ganz besonders in der Materialqualität und Verarbeitung der einzelnen Stücke.

Ich finde es eher erstaunlich wie wenig Damenmode es mit ähnlicher Detailversessenheit und Verarbeitungsqualität gibt. Selbst richtig teure Sachen sind da deutlich mehr “fast fashion” und haben immer noch Plastikknöpfe oder geklebte Kragen.

Die Anzüge sind auch mitnichten alle schwarz. Mindestens die Hälfte ist dunkelblau (Cem, Lauterbach, Lindner, Wissing) oder Anthrazit (Habeck). Die Fotoqualität ist einfach mies. Edit: Hier sieht man es etwas besser.

Oh hier noch besser - sogar 6x blau, 2x anthrazit, 0x schwarz - außer Scholz.