Wie lang arbeitet ihr

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This article was last updated on 2021-06-08, the content may be out of date.

In meinem Fall ist es tatsächlich ungewöhnlich einfach, weil wir immer dediziert einem Kunden zugeordnet sind und bis auf wenige Ausnahmen (dann fixe 4h Blöcke) in T&M Projekten nur noch komplette Tage abrechnen, egal was davon real abgerufen wurde. Steht auch so im Statement of Work und wird von den Kunden weitgehend akzeptiert. Ich selbst tracke immer und grundsätzlich 8h, egal wie lang es wirklich dauert.

Wir machen aber mehr und mehr Festpreisangebote, womit die Dauer dann unser (also die Firma) eigenes Risiko ist. Theoretisch könnte man da individuell (also der Consultant) mehr Zeit schreiben als vorgesehen war, aber wir scopen ziemlich gut und fair und das Scoping wird von den selben Leuten gemacht, die auch delivern. Klar liegt man mal daneben, aber im Schnitt passt das ganz gut. Mein persönlicher Anspruch ist allerdings, dass ich jedes Projekt in der gescopten Zeit on target abliefer, egal was passiert. Das wird auch vom Management wahrgenommen und war sicher ein Treiber für meinen Karriereerfolg.

Wenn ich schneller bin, bekommt der Kunde sowohl mehr Leistung und ich etwas Zeit zurück, wenn ich langsamer bin, ist das mein Problem - denn das ist es schlussendlich sowieso, weil ich ohnehin keinen realen Eskalationspfad hab. Bin beim Hersteller selbst und der technisch seniorste im Team, daher gibt es eh keine Alternative als eine Lösung zu finden, koste es was es wolle. Bisher sind Kunden und ich damit zufrieden.

Laut Arbeitsvertrag hab ich 40h + 10 Überstunden abgegolten, die aber noch nie angeordnet wurden. Überstunden für Nacht/Wochenende werden bezahlt, mit Zuschlägen. Erwartungshaltung vom englischen Management ist grundsätzlich 40h billable, abgesehen von festen internen Terminen (Teammeeting, Appraisals, Konferenzen, etc.), Fortbildung und Downtime.

Travel/Admin/Overhead/Eskalationen gehen dann eben on top. Durch Downtime, einfache Fixed Price Projekte und sehr faire Utilization targets (32-36 Tage pro Quartal, etwas mehr bei Langzeitprojekten, so dass man effektiv immer 100-110% seines Ziels erreicht) ist das im Mittel aber meines Erachtens voll in Ordnung, auch wenn man immer mal Wochen mit 60-70 Stunden hat, gerade wenn man private Fortbildung und das Verfolgen von Industrietrends mitzählt.

Denke im Schnitt bin ich regulär bei ~50h mit allem zusammen, also inklusive Travel und Labtime, dafür aber normalerweise mit recht hoher Zeitautonomie und leistungsgetrieben. In der heißen Covidphase war es heftig, weil durch 100% Remote kein Travel und keine Downtime zwischen Projekten mehr da waren und ich zeitweise 7-8 kleine Projekte parallel hatte, die mit Pausen immer ein paar Tage hier und da überlappten und kein Ende fanden. Dann frisst dich der Overhead an Rückfragen, Mails, Tracken von Cases etc. komplett auf, wenn du 8h in einer Zoom Session mit Kunden bist und der ganze Kram zusätzlich anfällt. In der Zeit bin ich echt etwas auf dem Zahnfleisch gegangen. Mal ein Monat 60-70h Wochen mit Travel/Labtime/Events ist was anderes als 40h Zoom + 20h Admin von Kundenprojekten + 10h interne Admin. Ignorieren und eskalieren lassen bedeutet effektiv aber immer noch mehr Arbeit.

Dafür hat der Arbeitgeber uns aber nun auch sechs Urlaubstage extra als Kompensation für die Belastung geschenkt. Für das Übererfüllen der Utilizationziele gibt es auch mehr Bonus. Ist also ein Geben und Nehmen und irgendwann gibt es immer auch wieder eine ruhigere Phase oder ein chilliges Projekt.

Kenne aus dem vorherigen Job mit mehreren parallelen Projekten aber auch, dass man stundenweise trackt und immer ein Element braucht auf das man buchen kann. Aber da wird dann umso mehr beschissen und irgendwo gibt es immer einen Alibiverrechnungstopf, der dann doch wieder als produktive Zeit gilt.


Geil, deine AG hätte ich gerne. Wobei 75% billable voll im branchenschnitt liegen. Wie geht ihr mit überstunden durch eskalationen (aka vertrieb hat wieder nur auf tk basis angeboten) um?

Ist das Arbeitszeit im Sinne der Überstunden? Bei uns ist alles >40 freizeit, dh. Ab und aufbau gibt es nicht. Mehr als 40 billable werden aber trotzdem gerne genommen..

Überstunden für Umstellungen Nachts oder am Wochenende werden sogar trotz abgegoltener Überstunden bezahlt. Dazu wird freiwillig an die Team Mailingliste angefragt. Ich mach das in der Regel aber nur, wenn ich sowieso schon in dem Projekt aktiv bin.

Eskalationen kommt etwas drauf an. Also reden wir über Eskalationen aus unseren eigenen Projekten heraus oder weil es Produktprobleme, z.B. Security CVEs, gibt?

Erstere scopen wir ja eigentlich recht gut oder es ist eben sowieso T&M. Wenn das Budget aus dem Ruder läuft, ist das in der Regel die Schuld des Kunden und man muss das entsprechend früh signalisieren und gegensteuern. Damit gehen aber unterschiedliche Consultants natürlich unterschiedlich um, weshalb wir bei Juniors und schwierigeren Projekten Projektmanager in reiner High-level Controllingfunktion im Boot haben. Aber wenn du Zeit investieren musst und nachts noch im Hotel am Problem arbeitest oder Calls mit USA hast, ist das natürlich einfach Teil des abgegoltenen Jobs und nicht kompensiert. Die Zeit kann man sich aber, wenn man gut ist, meines Erachtens im Schnitt bei anderen Projekten, in denen es ruhiger zugeht wieder zurückholen.

Wenn der Kunde oder Versprechungen vom Sales schuld sind, oder auch wenn ein anderer Consultant am Projekt gescheitert ist, genehmigt unser Management in der Regel Free of Charge Zeiten für Eskalationen, die auch regulär getrackt werden. Ich werd dann eben gefragt, eine Aufwandsschätzung abzugeben und die ist dann die neue Baseline. Genauso bei Eskalation wegen Produktthemen. Manchmal dann hoch bis SVP level für das Approval und die Maßnahme. Das sind entweder echte, reguläre Arbeitstage wie andere Projekte oder auch bezahlte Überstunden, wenn sie abends/am Wochenende on top kommen.

Aber das Hauptproblem mit Eskalationen ist häufig der Prozess selbst und dass einfach keine Zeit da ist, weil man selbst bereits fulltime im nächsten Projekt ist, ggf. sogar onsite, sich überhaupt um die Kommunikation und Klärung der Sachlage zu kümmern. Das fällt natürlich einfach so als unbezahlte Überzeit an, aber das ist nun einmal der Job und da gibt es auch keine wirkliche Lösung für. Mails, Anrufe und Meetings ignorieren geht selbstverständlich genauso wenig wie das andere Projekt vernachlässigen.

Jemand anderen mit hineinzuziehen macht es selten besser, wenn man hinreichend senior ist und erzeugt nur noch mehr Aufwände, also muss man das Ding wieder in Ordnung bringen, auch wenn mal ein Wochenende oder ein paar Nächte draufgehen. Das ist wie mit DDoS Protection für DNS - die DNS-Anfragen stumpf einfach beantworten ist in aller Regel billiger. :-)