Zeitumstellung und Schlaf

Note
This article was last updated on 2023-03-25, the content may be out of date.

Es kann hier von Natur aus keinen einfachen gemeinsamen Nenner geben, weil es zwei genau konträre Meinungen dazu gibt, die je nach geographischer Lage unterschiedlich und insgesamt ungefähr halb-halb verteilt sind. Nicht nur nach geographischer Lage, sondern vor allem nach genetischer Prädisposition und Lebensabschnitt.

Unsere aktuelle Arbeits- und Bildungsrealität diskriminiert Nachteulen bereits massiv. Das hat enorme Auswirkungen, sowohl auf die Leistungsfähigkeit, als auch auf die Gesundheit und Lebenserwartung. Eine permanente Sommerzeit würde das noch schlimmer machen.

Umgekehrt wollen Lärchen Lerchen aber keine permanente Winterzeit.

Es wird dann immer argumentiert, der Arbeits- und Schulanfang habe ja nichts mit der Zeitumstellung zu tun, aber dass es völliges Wunschdenken und praktisch undenkbar ist, man könne die Arbeits-, Schul- und Öffnungszeiten landesweit anpassen, wird einfach ignoriert.

Wir müssten bereits nach der heutigen Regelung 1-2 Stunden später starten, um überhaupt Parität herzustellen. Wenn niemand vor 11 Uhr arbeiten muss, könnt ihr gern permanente Sommerzeit haben.


Und jetzt komme ich: seit der Kindheit auf jeden Fall die Nachteule und ich bevorzuge trotzdem die Sommerzeit. Wir werden uns nie einig.

Hab ich selbst auch lange gedacht. Glaube aber mittlerweile, dass viele Nachteulen eher selbst nicht wissen was gut für sie ist.

“Abends länger hell” klingt erst einmal super, so lang einem nicht klar ist, dass es effektiv nur “eine Stunde früher aufstehen entgegen dem natürlichen Biorhythmus” bedeutet.

Bis ich etwa ~35 war hab ich effektiv gegen meinen Rhythmus gelebt. Seit ich “Why we sleep” von Matthew Walker gelesen habe und mehr mit meinem Körper als gegen ihn arbeite, geht es mir deutlich besser.


Von körperlichen Empfinden nehme ich die eine Stunde mehr oder weniger überhaupt nicht war, wenn ich müde bin geh ich halt früher ins Bett, wenn nicht dann später, das variiert bei mir im Alltag um ~3 Stunden. Ich bin auch überzeugt das 90% der „Zeitumstellungsprobleme“ dadurch kommen das die Leute sich im vornherein verrückt machen.

Es geht hier ja nicht um Zeitumstellungsprobleme, sondern um den permanenten, zirkadianen Rhythmus, also deine innere Uhr, das ganze Jahr über.

Wenn ich keinen Wecker und keine Uhr berücksichtigen muss, was Schlafforschern zufolge das Ziel gesunden Schlafes sein sollte, schlafe ich (je nach Zeitumstellung und sportlicher Aktivität) zwischen 3-5 Uhr morgens ein und wache zwischen 11-13 Uhr auf. Mir ist klar, dass das eher ein Extrem ist, aber es zeigt die Problematik recht deutlich.

Jede Stunde früheres Aufstehen ist ein Kampf gegen meine innere Uhr und meine Erholung. Früher einschlafen, ist ein harter, permanenter Struggle. Ja, auch mit entsprechender Konditionierung (Sonnenlicht am morgen, fixer Rhythmus, etc.).

“Geh ich halt früher ins Bett” gibt es für echte Nachteulen nicht. Dann lieg ich stundenlang wach im Bett und bekomme nicht genug Schlaf. Atemtechniken, keine Bildschirme/Night shift mode, kein Koffein nach Uhrzeit x, usw. alles durch und auch bei starker körperlicher Anstrengung (also 1500+ kcal extra), wobei letzteres zwar grundsätzlich etwas hilft, aber dann brauch ich auch proportional mehr Schlaf, gern 9+ Stunden.

Vor Mitternacht einschlafen ist für mich schlichtweg unmöglich, außer ich habe Schlafentzug vom Vortag, was generell kein erstrebenswerter Zustand ist. Melatonin hilft prima bei Jetlag, aber nicht hier. Härtere Medikamente finde ich problematisch.


wahrscheinlich verstehe ich das nicht richtig, aber permanente sommerzeit müsste doch eher in deinem interesse liegen als permanente winterzeit, da es, laut einem anderen kommentar, dann im sommer schon um 4 uhr hell wird?

Sommerzeit bedeutet, dass man eine Stunde auf die Uhrzeit draufschlägt. CEST = CET +1. In echt ist es 8 Uhr, aber wir sagen 9 Uhr dazu.

Umgekehrt heißt das, wenn es nach Sommerzeit 8 Uhr ist, ist es in Wirklichkeit, also relativ zur Sonne, erst 7 Uhr.

Es ist für mich das ganze Jahr ein Struggle beispielsweise um 9 Uhr anzufangen zu arbeiten. Permanente Sommerzeit bedeutet also, dass ich ein halbes Jahr lang eine Stunde früher aufstehen muss.


ich fasse das nur noch ein weiteres mal für mich zusammen, da ich nicht der schnellste bin. du stehst in der sommerzeit früher auf, weil der sonnenstand weniger mit der uhrzeit zu tun hat. du bist eine eule, die davon profitiert spät ins bett zu gehen und spät aufzustehen.

Also, ich versuch mich mal an einer Zusammenfassung der ersten Kapital von “Why we sleep”. Dort ist das wesentlich detaillierter und wahrscheinlich korrekter beschrieben.

Menschen haben einen zirkadianen Rhythmus, also eine innere Uhr. Das haben englische Wissenschaftler schon vor 200 Jahren untersucht, indem sie sich ohne Uhr für mehrere Wochen eine stockfinstere Höhle begeben und versucht haben, die Zeit und ihr Schlafverhalten zu protokollieren.

Diese Uhr unterscheidet sich. Lerchen haben eine innere Uhr kürzer als 24h, Eulen länger. Es verschiebt sich auch im Leben, Teenager sind tendenziell eher Eulen, weshalb unser Schulsystem so problematisch ist.

Evolutionär geht man davon aus, dass Menschen eher bi-phasisch geschlafen haben, also ~6 Stunden nachts bei Dunkelheit, plus ein Nickerchen am Nachmittag. Die Unterschiede bei der inneren Uhr haben dafür gesorgt, dass in einer größeren Gruppe von Menschen nachts ganz natürlich immer einige ein paar Stunden früher und andere später eingeschlafen sind, so dass immer genug Leute wach waren, um die Augen vor Gefahren aufzuhalten, bzw. die reale Downtime des Stammes sich auf nur wenige Stunden begrenzte.

Wenn du dich körperlich anstrengst oder Stress ausgesetzt bist, baut dein Körper den Tag über Adenosin auf. Das erzeugt den Schlafdruck und wird im Schlaf abgebaut. Die innere Uhr regelt auch die Körpertemperatur etwas hoch und runter.

Weil die innere Uhr eben nie perfekt 24h entspricht, kann man sie mit Hilfe einer Menge von Triggern “rekalibrieren”. Der stärkste Trigger ist Sonnenlicht, aber auch Sport, Essen, Rituale oder Melatoninzugabe können funktionieren. Das ändert aber die grundsätzlich langsamer oder schneller laufende Uhr nicht, man setzt sie quasi nur temporär zurück, aber sie wird konstant wieder davon laufen, wenn man nicht aktiv dagegen ankämpft. Je nach Ausprägung passierte das innerhalb weniger Tage.

Das größere Problem für die Eulen ist nicht der Trigger am Morgen, sondern der verspätete Schlafdruck am Abend, der verhindert, dass sie rechtzeitig einschlafen, womit sie nur mit Wecker wach werden, was bereits auf ein problematisches Schlafdefizit hinweist.

Stellen wir die Uhr vor, so wird es später dunkel, was wiederum den Schlafdruck weiter nach hinten schiebt und gleichzeitig - durch externe Zwänge wie Arbeit oder Schule, die sich nicht verschieben - die Nacht verkürzt.

Ja, das Thema sollte insgesamt viel, viel mehr Aufmerksamkeit bekommen. Schlaf ist unglaublich wichtig und mächtig. Auch das mit dem bi-phasischem Schlaf könnte super hilfreich sein, aber ist in unserer Berufswelt überhaupt nicht akzeptiert. Die Südeuropäer haben da echt einen kulturellen Vorteil.


Bei Lerchen ist es dann umgekehrt?

Ja genau, nur haben wir gesellschaftlich recht wenig Verpflichtungen am späten Abend, derer man nicht entgehen kann.

Späterer Sonnenuntergang bedeutet für die Lerchen schon, dass sie im Sommer kulturell mehr partizipieren können, weil sie entsprechend später müde werden.

Ist natürlich auch ein berechtigtes Interesse, nur eben nicht so existenziell wie bei Beruf und Schule.


okay dann hab ich es immernoch nicht verstanden 🙃 dachte lerchen sind die, die früh müde und früh wach sind (edit: also das wort “entsprechend” scheint wichtig zu sein) . im studium hab ich mich immer früh am abend ausgeklinkt bei nem anstehenden protokoll und die anderen bis 2-3uhr machen lassen, bin dann immer um 2 uhr aufgestanden und hab den bericht übernommen

Na das mit der Abhängigkeit der Müdigkeit vom Sonnenaufgang und -untergang gilt ja grundsätzlich erst einmal für alle.

Lerchen werden früh müde und stehen früh auf, genau. Wenn wir die Zeit vorstellen, können Lerchen also an Events teilnehmen für die sie sonst bereits zu müde wären.

Was die Konversation schwierig macht, ist dass „früh“ und „spät“ relative Begriffe sind. Je nachdem ob der Referenzpunkt also die Uhrzeit oder der Sonnenstand ist, reden wir über unterschiedliche Dinge und leicht aneinander vorbei.

Edit: Merke jetzt, dass du dich mit dem umgekehrt auf den Morgen bei den Lerchen bezogst. Beides gilt natürlich immer für beide. Ich denke der Einschlafzeitpunkt ist das kritischere Thema. Der Morgen ist nur für die Eulen problematisch, für die Lerchen ist der Worst-Case, dass sie zu früh wach werden, aber das bedeutet kein chronisches Schlafdefizit und man kann auch einfach das Zimmer verdunkeln.


Es klingt im Vorpost so als würdest du jetzt nicht mehr “gegen deinen Rhythms” leben, aber du schläfst vermutlich auch nicht von 5 bis 13 Uhr, wie hast du das geschafft?

Eine perfekte Lösung habe ich natürlich auch nicht. Nicht ohne Grund ist das Thema Schlafgesundheit einer der Hauptantriebe für mich für FIRE und vermutlich die drastischste Konsequenz des Berufslebens auf meine Gesundheit.

Habe bereits das Glück, dass mein Job eher ergebnisorientiert ist und ich mir die Zeit in vielen Projekten selbst einteilen kann. Manager und Koordinatoren sitzen weitgehend in England, damit gewinnt man auch schon mal eine Stunde. Dazu praktisch keine Reisetätigkeit mehr seit Covid und 100% Homeoffice.

Ich kann also durchaus häufiger bis 10-11 Uhr schlafen. Damit bin ich natürlich schon sehr privilegiert. In meiner perfekten Welt könnte ich dann auch noch vor der Arbeit trainieren, duschen und in Ruhe Kaffee trinken… Das ist dann schon schwieriger.

Schlussendlich ist es eine Kombination aller Faktoren - viel Bewegung (1-2 Stunden schnelles Gehen am Tag mit 130-140 Puls auf dem Laufband beim Serien/Filme schauen, mittlerweile mit 3% Incline mit 6,2km/h pro Stunde), kein Koffein mehr nach ~15-16 Uhr, Bildschirmhygiene, Lichtwecker für voller REM-Zyklen beim Aufwachen, Withings Matte zum Tracken des Schlafs.

Nichtsdestotrotz - wenn ich ein Projekt habe, bei dem ich jeden Tag um 9 starten muss, merke ich sofort, wie das an mir zehrt, weil ich eben doch selten vor 2 einschlafe und 6-7 Stunden Schlaf einfach nicht genug sind.

Die Haupterkenntnis aus dem Buch ist eigentlich wie unglaublich wichtig und mächtig Schlaf für uns ist. Wäre Schlaf eine Droge, wäre sie in sämtlichen Disziplinen als illegales Doping verboten. Die meisten merken gar nicht, wie sehr sie Raubbau an ihrem Körper betreiben, wenn der Wecker klingelt. Würde es definitiv empfehlen, wobei es eher darum geht die Zusammenhänge nachzuvollziehen als reine Handlungsanweisungen zu geben.


Im Parallelfaden hat jemand einen Link mit deutlicher Kritik am Buch gepostet (https://guzey.com/books/why-we-sleep/). Auch wenn der Kritiker im Link selbst deutlich nach unsympathischem Korinthenkacker klingt, ist da vermutlich ein einigen Punkten schon etwas dran, daher sollte man das Buch wohl nicht blind als Wahrheit betrachten. Aber die Kernaussagen seh ich dennoch nicht gefährdet.

Ich trainier primär mit Fokus auf allgemeine Fitness und grad auch noch Kalorienverbrennung, der Schlaf ist eher angenehmer Nebeneffekt. Normalerweise lifte ich vier mal die Woche. Powerrack daheim, nur die Big 5 Langhantelübungen, Push/Pull Split mit jeder Muskelgruppe zwei mal, einmal Fokus auf Gewicht, einmal auf Wiederholungen. Wenn ich nicht genug Schlaf bekomme, ist das komplett sinnlos und ich vertage es auf den Folgetag, weil ich sonst eh meine Reps nicht schaffe.

Trainingspuls einfach mit Apple Watch, ca. 130-140, also 60-70% HRmax. Soll ja eh die Zone sein, die Muskelverluste minimiert und Kalorienverbrennung maximiert und eben auch was ich ewig durchhalte. Verbrenne laut Watch tatsächlich 500-600 kcal nur beim entsprechend schnellen Gehen. Das ist beim Filme und Serien schauen schon wirklich gut.

Strauchel noch ein wenig damit einen Kompromiss zwischen Lifting (Prio 1), Lindy Hop Tanzen (auch Prio 1), Yoga (eigentlich Prio 2, temporär Prio 3) und Powerwalking (Prio 3, temporär Prio 2) zu finden, den ich im Berufsalltag unter bekomme, ohne andere Dinge zu vernachlässigen. Ich denke es läuft ultimativ auf 10 Min Yoga/Stretching an den Liftingtagen und 30 Min an den Offdays hinaus, plus jeweils 1-1,5h Aktivität (Lindy, gehen, Rad fahren), wenn ich am Ziel bin. Momentan gehe ich eher 2h am Tag, da kommen dann andere Dinge zu kurz.

Uhrzeit des Training ist zu sehr fremdbestimmt. Einfach so dass es passt. Denke 10 Min restorative Yoga mit Downdog App am Morgen ist immer eine sehr gute Wahl als Start in den Tag, kommt aber häufig zu kurz, wenn ich am Morgen Livesessions mit Kunden habe. Das Powerwalking verteil ich gern auf 30-60min Sessions, wenn der Tag es zulässt. Lifting eher irgendwann mitten am Tag oder direkt nach der Arbeit, falls ich 8h Livesessions habe und es wegen Kochen nicht in die Pause passt. Da ich alles daheim habe, bin ich insgesamt ziemlich flexibel. Die Hauptsession beim Gehen ist häufig tatsächlich um Mitternacht herum, danach etwas runterkommen und dann bin ich gegen 2-3 Uhr auch ordentlich müde.

Ich benutze so einen einfachen Philips Schlafwecker und stell mir den Alarm auf Vielfache von 1,5h für die REM Zyklen plus etwas Puffer. Der Wecker fängt dann eine halbe Stunde vorher an langsam heller zu werden und zum Weckzeitpunkt gibt es dann Möwenkreischen und Wellengeräusche. ;) Als Backup dann iPhonewecker eine Viertelstunde später, aber so lang ich nicht übermüdet bin, reicht der Lichtwecker. Gekoppelte Sachen klingt nach einem hohen False Positive Risiko und ich trag auch lieber kein Armband nachts, hab ich aber nie probiert. Generell ziel ich auf 7,5-8h Schlaf an normalen Tagen und 9h nach Defiziten oder starker Anstrengung.

Der Kritiker am Buch im Link oben schrieb beispielsweise, er habe sich wegen des Buches zu 8h Schlaf gezwungen, obwohl er nach 7h wach war. Ich weiß gar nicht wie das funktionieren soll. ;) Entweder bin ich müde genug und schlaf durch oder ich werde wach, dann kann ich nicht einfach spontan wieder einschlafen und steh besser auf. Mein Ziel ist eher möglichst volle REM-Zyklen mitzunehmen und in der Leichtschlafphase aufzuwachen.

Nutze die Withingsmatte nur zum Tracking aus Interesse und zum Erkenntnisgewinn über die Schlafqualität, aber ich hab auch die Waage und das Thermometer und mag das ganze Ecosystem. Die Apple Watch läd nachts, das wäre mir zu stressig und ich würde es ständig vergessen, die tagsüber zwischendurch laden zu müssen.